Zwischen Erreichbarkeit und Handysucht – bin ich gefährdet?
Smartphones sind unser täglicher Begleiter. Der kurze Blick auf die Uhr, die Terminabsprache mit den Freundinnen oder das Rezept von Omas Apfelkuchen: alles wird über das Handy geregelt und nachgeschaut. Damit kann man täglich schon einige Stunden zubringen und sich komplett in der digitalen Welt verlieren. So stellt sich auch bald die Frage: Geht es bei dem Handy noch um Erreichbarkeit oder bin ich süchtig danach?
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Handysucht?
“Handysucht” ist keine anerkannte Krankheit und kann daher auch nicht diagnostiziert werden. Dennoch wird dieses Phänomen immer häufiger beobachtet. In England wird es auch schon als “Nomophobie” (No Mobilephone Phobia) bezeichnet, also die Angst, ohne Handy zu sein. Ein Smartphone hat bekanntermaßen eine ganze Menge Vorteile und man kann nahezu alles mittlerweile mit seinem Smartphone regeln. Egal, ob ein Telefonat, Online-Banking, das Teilen der schönsten Urlaubsmomente oder das Entfliehen in die neuesten Serien und Filme, das Smartphone ermöglicht es.
Doch bei so vielen Möglichkeiten kann es auch schnell vorkommen, dass man die Kontrolle verliert und sich mit der Zeit viel mehr in der virtuellen Welt aufhält als in der Realität. Die Sucht ist dabei gar nicht die Sucht nach dem Handy selbst, sondern nach den zahlreichen Funktionen und dem Internet. Denn mit jeder Push-Benachrichtigung und der Betätigung des Smartphones wird vom Gehirn Dopamin ausgeschüttet, ein Glücksgefühl, das den Effekt auslöst, dass wir diese Tätigkeit immer öfter ausführen wollen, da sie mit Glück verbunden wird. Dieser Drang nach immer mehr Dopamin ist dann ein Mechanismus, der die Sucht näherbringt.
Oft ist aber auch das FOMO-Syndrom ein unterstützender Faktor. Das Fear-of-missing-out-Syndrom wird durch ständige Erreichbarkeit und einen Überfluss an Medienkonsum hervorgerufen. Wenn man nicht sofort alle Nachrichten liest, Serien guckt oder stets bei allen Nachrichten auf dem aktuellen Stand ist, wird man unruhig und hat das Gefühl immer etwas zu verpassen. Auch das ist ein Fall, der die Handysucht hervorrufen kann.
Was sind Anzeichen für eine Handysucht?
Zu den ersten Anzeichen der Handysucht gehört der wiederholte Griff zum Handy. Auch ohne Benachrichtigung will man nochmal schauen, ob nicht doch eine Nachricht gekommen ist oder was gerade gepostet wurde. Diese Nutzung ist nicht direkt bedenklich, wenn sie allerdings zur Gewohnheit wird und das Handy somit alle paar Minuten entsperrt wird, ist die Abhängigkeit nicht mehr weit. Stärkere Anzeichen sind dann zum Beispiel Entzugserscheinung, wenn man das Handy vergessen hat oder im wahrscheinlicheren Fall der Akku leer ist. Wer in einer solchen Situation zu aggressivem Verhalten tendiert, hat schon eine stärker ausgeprägt Handysucht.
Die Handynutzung wird von betroffenen Personen außerdem gern verheimlicht, um vor anderen nicht den Anschein zu machen, dass man abhängig ist. Aufgrund der starken Handynutzung kann es außerdem zu einer Isolation von Sozialkontakten kommen. Das ist zum einen durch die Verheimlichung der Fall, zum anderen aber auch weil man lieber am Handy ist als seinen Hobbys nachzugehen oder Freunde zu treffen. Zum Schluss steht außerdem noch der Kontrollverlust. Man hat keine Kontrolle mehr wie lange und wie oft man das Handy in die Hand nimmt und auch jeder Versuch, dies zu reduzieren, will nicht gelingen. Wenn mehrere dieser Faktoren auf dich zutreffen, solltest du dein Nutzungsverhalten am Smartphone überdenken.
Was sind die Gefahren einer Handysucht?
Die größte Gefahr, die von der Handysucht ausgeht, ist es, das Privat- und Berufsleben zu vernachlässigen. Durch die erhöhte Nutzung des Smartphones kommt es zu zusätzlichem Zeitverlust. Daraus entstehen auch Konzentrationsschwierigkeiten, da man immer das Smartphone in der Hand hat und sich nicht mehr die Zeit nimmt, sich in Sachen zu vertiefen.
Durch den intensiven Konsum kann es auch dazu kommen, dass man die Gesundheit vernachlässigt. Man nimmt sich weniger Zeit für Sport und die Zubereitung einer gesunden Ernährung hat keinen Platz mehr im Alltag. Man verbringt außerdem keine Zeit mehr mit Freunden oder Hobbys.
In extremeren Fällen kommt es zu einem sozialen Rückzug aus dem Freundeskreis. Auch die Arbeit leidet, da man sich auch dort stets vom Handy ablenken lässt. Wenn das länger der Fall ist, kann die Leistung, die man auf der Arbeit bringt, abnehmen und zu schwerwiegenderen Folgen führen. Besonders akut gefährlich wird es, wenn man beim Autofahren auch den Drang verspürt, das Handy in die Hand zu nehmen und beim Fahren Nachrichten liest oder gar tippt. Auch finanziell kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn man Abos abschließt und eine Sucht nach Spielen bekommt, die kostenpflichtig oder gar Glücksspiele sind.
Auch psychisch kann die Handysucht sehr belastend werden. Durch die ständige Ablenkung kann man nicht mehr abschalten und auch entspannen fällt einem sehr schwer. Wir fühlen uns dadurch immer gestresster, da das Handy immer da sein muss.
Ist mein Kind handysüchtig?
Auch Kinder bekommen mittlerweile schon in recht jungem Alter ein Smartphone. Das kann sehr hilfreich sein, da sie stets Kontakt zu den Eltern aufnehmen können. Mittlerweile wird auch viel der Kommunikation innerhalb der Schulklasse über soziale Netzwerke geregelt. Wenn man in einer solchen Gruppe nicht drin ist, kann das Kind schnell ein Gefühl bekommen, nicht dazuzugehören, da es einige Sachen nicht mitbekommt.
Doch auch wenn es viele positive Seiten gibt, muss man die Handynutzung bei Kindern besonders im Blick behalten. Oft sind sie nämlich noch nicht darüber informiert, wie stark das Smartphone abhängig machen kann und was mögliche Auswirkungen davon sind. In der heutigen Zeit kennen Kinder meist auch kein Leben ohne Smartphone mehr und sie sehen es daher als Selbstverständlichkeit an. Daraus kann auch eine Sucht werden.
Bei Kindern äußern sich die Anzeichen einer Sucht ähnlich wie bei Erwachsenen. Es kommt zum vermehrten Entsperren und Nutzungsphasen, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Wenn das Handy dann nicht mehr zur Verfügung steht, reagiert das Kind mit aggressivem Verhalten. Aus der Kommunikation mit den Freunden über Chats kann schnell das FOMO-Syndrom entstehen. FOMO steht für Fear of missing out, also die Angst etwas zu verpassen.
Doch nur weil das Kind sich mit seinen Freunden verabredet, sich über Hausaufgaben oder anderes austauscht, liegt hier noch kein Fall einer Sucht vor. Solange die Kinder nicht die virtuelle Kommunikation verwenden, um nicht mehr persönlich zu sprechen, besteht hier noch kein Grund zur Panik. Wenn allerdings soziale Kontakte leiden und Hobbys vernachlässigt werden, sieht es anders aus. Oft kann man auch eine Verschlechterung in der Schule wahrnehmen, da keine klaren Lernzeiten mehr eingehalten werden und sich das Kind stets vom Handy ablenken lässt.
Um diesem Verhalten entgegenzuwirken oder auch von vornherein schon eine Sensibilität dafür zu schaffen, sollte man Kindern die richtige Nutzung des Smartphones erklären, aber auch die kritischen Faktoren genauer beleuchten. Was kann passieren, wenn man vom Smartphone abhängig wird oder zu viel Zeit am Handy verbringt? All das sind Informationen, die man Kindern näherbringen muss. Zusätzlich sollte man als Elternteil als gutes Beispiel vorangehen. Auch klare Regeln, dass das Smartphone nicht am Küchentisch genutzt werden darf oder für die Hausaufgaben-Zeit oder über Nacht abgegeben werden muss, sind wichtig und müssen mit den Kindern abgesprochen werden, um eine verantwortungsbewusste Nutzung des Smartphones zu ermöglichen. Wichtig ist dabei stets eine gute Kommunikation, dass dem Kind die Gründe nähergebracht werden und es nicht das Gefühl bekommt, dass die Regeln aus Willkür gesetzt werden.
Wie kann ich meinen Handykonsum besser überblicken?
In den Einstellungen vieler aktueller Smartphones findest du einen Bereich, in dem die Bildschirmzeit dargestellt wird. Dabei wird aufgelistet welche Apps du an welchem Tag für wie lange nutzt. Auch eine Durchschnittsangabe kann man hier finden. So bekommt man einen guten Überblick darüber was man den ganzen Tag an seinem Handy macht.
Wenn man feststellt, dass die Zeit, die man am Handy verbringt zu viel ist, kann man sich für einige Apps Limits setzen. Wenn man zum Beispiel zu viel auf Instagram ist, kann man auf einem iPhone einstellen, dass es einem nach 30 Minuten Nutzung am Tag eine Benachrichtigung senden soll, dass das Limit erreicht ist. Dies ist ein guter Reminder, um sich in die Realtiät zurückzuholen. Doch bei Apple lässt sich dieser Reminder leicht umgehen, indem man mit zwei Klicks einfach das Limit für heute aussetzt. Bei Android findet man diese Einstellungen in der Kategorie “Digitales Wohlbefinden”.
Es gibt auch einige Apps, die dabei helfen das digitale Wohlbefinden zu verbessern und dich dabei zu unterstützen das Handy länger aus der Hand zu legen. Die wohl bekannteste App dabei ist „Forest“. Je länger du nicht an deinem Handy bist, desto größer wird dein digitaler Wald. Diese App kann man auch in Gruppen verwenden, wobei man dann noch mehr dem Gruppenzwang unterliegt. Sollte nämlich auch nur eine Person aus der Gruppe das Handy doch verwenden, ist der Baum für alle weg. Das ist eine sinnvolle und schön gestaltete Art sich von der Handynutzung abzulenken.
Muss mein Arbeitshandy immer erreichbar sein?
Einige Leute haben ihr Handy stets dabei, wenn sie es auch für die Arbeit nutzen. Dazu zählt häufig das Gefühl, dass man sich dazu verpflichtet fühlt, zu jeder Tageszeit erreichbar zu sein, um seinem Job nachzugehen. Das Firmenhandy muss aber lediglich zur Arbeitszeit erreichbar sein. Ausgenommen ist davon selbstverständlich die Rufbereitschaft. An freien Tagen oder am Feierabend kann das Handy auch problemlos ausgeschaltet werden. Weitere Informationen zu Arbeitshandys findest du in unserem Artikel Alles Wissenswerte zum Firmenhandy.
Wie nehme ich mir eine digitale Auszeit?
Eine gute Methode um dem digitalen Alltag zu entfliehen, sind digitale Auszeiten. Dabei steckt man sich selbst einen Zeitrahmen, in dem man das Handy ausschaltet und möglichst auch außer Sichtweite verstaut. Das kann zum Beispiel ein Wochenende sein. Nach dem Feierabend am Freitag schaltet man sein Smartphone aus und es bleibt bis Sonntagabend oder Montagmorgen ausgeschaltet. Falls man befürchtet, dass sich andere Personen sorgen könnten, da man nicht erreichbar ist, kann man den Personen eine Nachricht schicken oder ein Bild mit der Information in der Whats-App-Story oder auf anderen sozialen Netzwerken wie Instagram, Facebook etc. hochladen.
Diese zwei Tage Digital Detox sind für viele wie ein kleiner Urlaub. Man ist von mehreren Stressfaktoren befreit und kann sich ganz den Dingen widmen, die man gern machen möchte. Für die hat man ohne die virtuelle Ablenkung auch einen ganz neuen Blick und kann sie besser genießen, ohne den Druck zu verspüren, dass man stets den besten Winkel für das Foto finden und es sofort mit allen Bekannten teilen muss.
Das schwierigste an einer digitalen Auszeit ist meist, sich überhaupt einmal dazu durchzuringen. Oft merkt man erst dann wie viel Zeit eigentlich für die Smartphonenutzung täglich verschlungen wird. Auch das konsequente Durchhalten kann schwierig werden. Es ist zu verlockend das Handy doch einzuschalten, um die neuesten Nachrichten durchzuschauen oder ein kurzes Video zu gucken. Doch diesem Drang sollte man während seiner digitalen Auszeit nicht nachgehen und sich stets die Frage stellen “Ist das gerade wirklich so wichtig?”. Denn in den meisten Fällen ist es das nicht. Man sollte während seiner Auszeit aber auch darauf achten, dass man die eingesparte Bildschirmzeit nicht vor einem Tablet oder Laptop verbringt. Das würde die digitale Auszeit nicht wirklich unterstützen, sondern nur verlagern.
Was kann ich langfristig gegen meine Handysucht machen?
Als einfache Ansätze kann man zum Beispiel Push-Benachrichtigungen ausschalten. Jede Push-Benachrichtigung löst eine Dopaminausschüttung aus und ist damit ein weiterer Beitrag, der zur Sucht führen kann. Wenn man keine Push-Benachrichtigungen sieht, hat man auch nicht den Drang, sofort das Handy in die Hand zu nehmen, da man sonst etwas verpassen würde.
Wenn man genau weiß, welche Apps die Sucht auslösen, wie zum Beispiel bestimmte soziale Medien, die man ständig öffnet, kann es auch sinnvoll sein, diese Apps zu löschen. Das heißt noch nicht, dass man auch seinen Account löschen muss, sondern dass lediglich die App nicht mehr so leicht zugänglich ist. Wenn man die App dann wirklich noch einmal sinnvoll nutzen möchte, kann man sie wieder installieren, sollte aber dabei seinen Konsum ganz genau beobachten.
Gut ist es auch Alternativen für das Smartphone zu nutzen. Dazu gehört zum Beispiel ein Wecker, damit morgens der erste Griff nicht direkt zum Smartphone geht. Außerdem kann man in der Küche eine Stoppuhr verwenden, um zu stoppen wie lang die Nudeln noch brauchen oder wann der Kuchen aus dem Ofen geholt werden muss. Für Musik kann man auch zum klassischen MP3-Player wechseln. All diese Geräte ermöglichen es, dass man das Handy etwas länger aus der Hand legen kann.
Unterwegs kann es außerdem helfen, wenn man das Handy nicht leicht zugänglich hat. Statt in Hosen- oder Jackentasche kann es in einer Extra-Tasche im Rucksack verstaut werden. So spart man sich den ganz kurzen Blick, aus dem dann doch wieder eine halbe Stunde auf Social Media wird.
Man kann auch versuchen, sich klare Handyzeiten festzulegen. Für Social Media gibt es nach dem Feierabend eine halbe Stunde, sonst wird die App nicht geöffnet. Für diese klaren Zeiten braucht man aber sehr viel Disziplin, da der kurze Klick auf die App sonst zu verlockend ist.
Das Smartphone ist für uns alle eine enorme Erleichterung. Ob zu Hause, bei der Arbeit oder unterwegs, wir haben immer alles dabei, was wir uns vorstellen können. Dass wir das alles nutzen wollen, ist da nur verständlich. Doch die Nutzung sollte nicht zu intensiv werden, da sie dann zur Sucht wird. Falls du das Gefühl hast nicht mehr von deinem Smartphone loszukommen, versuche dich an die Tipps aus dem Artikel zu halten oder in schlimmen Fällen eine ärztliche Einschätzung einzuholen. Denn nur durch einen gesunden Umgang mit dem Smartphone ist es eine große Hilfe und ein zentraler Punkt der modernen Kommunikation.